Entscheidung des Hooge Raad vom 24.12.2021
Reform der Einkommensteuer auf das Ferienhaus in den Niederlanden?
Gegenwärtig findet in den Niederlanden ausgehend von einer Entscheidung des niederländischen Verfassungsgerichts (Hooge Raad) vom 24.12.2021 eine Diskussion zur Reform der Besteuerung von Vermögenswerten in der Box 3 statt. Hierbei geht es darum, ob eine Besteuerung nach fiktiven Erträgen von Vermögenswerten verfassungsgemäß ist bzw. mit der der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang steht.
In diesem Artikel wollen wir unsere Einschätzung zur Frage, welche Auswirkungen diese Reformdiskussionen auf deutsche Eigentümer von Ferienhäusern in den Niederlanden haben wird, geben. Unser Fazit vorab: Der Entscheidung des Hooge Raad folgend erwarten wir keine grundlegenden Änderungen für Deutsche mit Immobilienbesitz in den Niederlanden, da hier die gesetzliche Renditeerwartung nah an den tatsächlichen wirtschaftlichen Erträgen liegt und keine weiteren Vermögenswerte von der Besteuerung in den Niederlanden betroffen sind.
Gegenwärtiges System der Einkommensbesteuerung von Ferienimmobilien in den Niederlanden: Besteuerung fiktiver Rendite
In den Niederlanden werden Ferienimmobilien, anders als in Deutschland, nicht auf Basis ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Erträge besteuert. Besteuert wird eine fiktive Rendite, die man nach gesetzlicher Bewertung aus einem Vermögensgegenstand ziehen kann. (Mehr zur Besteuerung von Ferienimmobilien im Steuersystem der Niederlande).
Dazu wird zunächst eine Art Reinvermögen ermittelt, indem von dem WOZ-Wert die Schulden aus der Anschaffung der Immobilie sowie ein Freibetrag abgezogen werden können. An den sich daraus ergebenden Differenzbetrag wird ein gesetzlich festgelegter, unwiderlegbarer Ertragssatz angelegt. Die Ausdifferenzierung dieses Renditesatzes nach Vermögensgröße seit einer Reform aus dem Jahr 2016 ist der Kern der entschiedenen Verfassungsbeschwerde gewesen.
Dabei muss man Folgendes wissen: Das Box 3-System, das die gesetzlich fingierte Ertragserwartung besteuert, behandelt nicht nur unbewegliches Vermögen sondern auch Anteile, Aktien und Sparvermögen. Die niederländische Steuergesetzgebung nimmt die Vermögensgröße als Anhaltspunkt für dessen Verteilung auf unterschiedliche Vermögensarten. Diesen werden nun unwiderlegbar unterschiedliche Ertragssätze zugeordnet, die von 2 % bis nahezu 5,5 % reichen.
Bei Anlagen bis zu 100.000 Euro geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Anleger dies unterteilt hat in 80 % Sparvermögen und 20% besser rentierendes Anlagevermögen. Bei Anlagen bis zu 1 Mio. Euro geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Anleger 2/3 hiervon in hochverzinsliche Anlagen und nur 1/3 in Sparvermögen investiert hat.
Der vom Hooge Raad beurteilte Einzelfall: Abwägung zwischen unzutreffender Besteuerung und Vollziehbarkeit der Verwaltung
Die Vermögensgruppe bis zu 1 Mio. Euro war in dem vom Hooge Raad entschiedenen Fall einschlägig. Der Anleger hatte entgegen der gesetzlichen Erwartung 80 % von 1 Mio. Euro in Sparvermögen angelegt und nur 20 % in höher riskantes Anteilsvermögen. Wegen der gesetzlichen Fiktion konnte aber der Steuerbürger mit seiner Einwendung, dass er doch tatsächlich nur eine viel niedrigere Rendite erzielen konnte, nicht gehört werden. Dies hat nun der Hooge Raad korrigiert.
Das niederländische Verfassungsgericht hat dabei eine Besteuerung nach fiktiven Beträgen nicht für generell unzulässig erklärt. Es hat im Gegenteil dazu ausgeführt, dass die Vollziehbarkeit der Verwaltung im Hinblick auf die erforderliche Manpower bei einer Besteuerung nach tatsächlichen Erträgen eine derartige Besteuerung nach fiktiven Erträgen geradezu einfordern könnte. Dass es dabei zu Ungenauigkeiten, wenn man einen Vergleich mit tatsächlichen Renditen heranzieht, kommen kann, wird in Kauf genommen. Die Besteuerung auf Grund fiktiver Erträge ist nur dann unzutreffend, wenn sie zu einer ersichtlich unzutreffenden Besteuerung eines wirtschaftlichen Sachverhaltes führt.
Ein solcher Ausnahmefall war hier gegeben, weil ein Vermögensmix auf Grund gesetzlicher Vermutungen angenommen werden musste, der tatsächlich so nicht vorhanden war.
Folgerungen für die Besteuerung des Ferienhauses in den Niederlanden
Der deutsche Ferienhauseigentümer hat in der Regel kein weiteres Vermögen, das nach den niederländischen Vorschriften in den Niederlanden nach dem System der Box 3 zu besteuern wäre. Nach der geltenden gesetzlichen Regelung werden dort für Steuerausländer nämlich nur Vermögen in Form von unbeweglichen Sachen, also Ferienimmobilien, und wesentliche Beteiligungen an Unternehmen versteuert. Mit Sparvermögen hat der deutsche Ferienhauseigentümer hinsichtlich der Besteuerung in den Niederlanden nichts zu tun.
Der niederländische Staatssekretär für Finanzen hat im Übrigen bei der Debatte im Parlament am 1. Februar erklärt, dass die Regierung eine Reform innerhalb des bestehenden Systems anstrebe. Dies hat er damit begründet, dass bei Vermögensanlagen, deren tatsächlicher Ertrag nahe dem vom Gesetzgeber bislang fingierten liegt, ohnehin keine Reform notwendig sein werde.
Damit hat er gerade den Fall des Haltens eines Ferienhauses in den Niederlanden erfasst. Die tatsächliche Rendite eines Ferienhauses lässt sich zwischen 3 und 5 % verankern. Es besteht deswegen auch kein Anlass für den niederländischen Gesetzgeber hinsichtlich von unbeweglichem Vermögen größere Systemveränderungen vorzunehmen, die verwaltungsmäßig gar nicht nachvollzogen werden können.
Unser Fazit und weiteres Vorgehen
1. Es wird bei der Besteuerung des Ferienhauses in den Niederlanden für Steuerausländer nicht zu grundlegenden Veränderungen kommen.
2. Wir geben für das Veranlagungsjahr 2021 im Jahr 2022 die Einkommensteuererklärung bis zum 30.6.2022 ab.
3. Wir legen gegen Vorauszahlungsbescheide für das Veranlagungsjahr 2022 keinen Einspruch ein, weil bei der endgültigen Veranlagung für das Kalenderjahr etwaige gesetzliche Änderungen zu berücksichtigen wären. Es ergibt deshalb keinen rechtlichen und wirtschaftlichen Sinn, Sie mit Kosten für das Beschwerde- oder Einspruchsverfahren zu belasten.